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AutorenbildAndrea Hinz & Uwe Käufer

Sechs Tipps für konfliktfreie Ostern – auch für VeganerInnen.

Aktualisiert: 1. Mai 2024

Ostern ist, wie andere traditionelle Feste, für VeganerInnen oft eine Herausforderung, da die "traditionellen", meist tierlichen*, Gerichte für viele Menschen dazugehören. Ohne das "traditionelle" Osterlamm und bunte Eier ist Ostern doch nicht Ostern. Oder?



Woher kommen eigentlich diese Ostertraditionen?


Ostern ist das wichtigste christliche Fest und beendet die katholische Fastenzeit. Daher kommen häufig besondere Gerichte auf den Tisch. Gründonnerstag geht es los mit viel Grünem, Freitag gibt es "traditionell" Fisch, Samstag werden die "traditionellen" Backwaren gebacken, Sonntag ist der "traditionelle" Osterbrunch mit vielen "Eierspeisen" und der Höhepunkt ist für viele das "traditionelle" Osterlamm. Das Lamm ist in allen Buchreligionen ein Opfertier und diese Tradition hat sich bis heute speziell im Islam und im Judentum gehalten. Im Christentum steht das Lamm für Jesus und für die Liebe Gottes zu den Menschen und die Auferstehungsgeschichte auch für eine Abkehr von den Opfertier-Bräuchen, was durch den traditionellen Osterlamm-Kuchen symbolisiert wird. Früher haben sich in der Fastenzeit viele Eier angesammelt. Diese wurden gekocht, rot gefärbt, geweiht und vom Pfarrer an Ostern an die KirchgängerInnen verteilt als Symbol für Jesus Christus – kalt wie das Grab, hart wie Stein und rot für das Leben und die Auferstehung. Irgendwann wurde es eine Tradition selber Eier zu färben und als die Protestanten, bei denen es keine Fastenzeit gibt, auch eine Tradition haben wollten, hatten sie die Idee die Eier für die Kinder zu verstecken und den Osterhasen erfunden, denn irgendwer musste die Eier ja schließlich "fallengelassen" haben.


Was also tun, wenn Freunde und Verwandte zum "traditionellen" Osterbrunch oder -essen einladen?


Gemeinsame Zeit mit Freunden und Verwandten ist so wertvoll, wenn wir Zugehörigkeit, Geselligkeit und Freude erleben. Brauchtumsfeste sind gute Gelegenheiten im Kalender, um mal wieder "näher" zusammenzurücken, sich auszutauschen, Heimat zu erleben. Das alles haben wir gemeinsam – wir wollen eine schöne Zeit miteinander haben. Frei von Konflikten, Trauer und Hilflosigkeit, die bei Veganer:innen aufkommen, wenn nicht-vegane Freunden und Verwandte "Traditionelles" auf den Tisch bringen und damit das Tierleid weiter fördern.


Survive & Thrive


Vielleicht kennst du diese Situationen bei Festen:

  • es entstehen Konflikte im Vorfeld einer Einladung

  • du sagst Einladungen sogar ab, um Konflikten aus dem Weg zu gehen

  • du wirst traurig und wütend, bei einem schönen Zusammensein, wenn du erlebst, wie vertraute, liebe Menschen Tierbabys und Eier aus Hühner-Ausbeutung verzehren

  • es kommt zu Spannungen und offenem Streit am Tisch

  • deine Sichtweise wird nicht verstanden und lächerlich gemacht


Mit den folgenden Tipps möchten wir dir dabei helfen Konflikte zu vermeiden und im besten Fall deine nicht-veganen Freunde und Verwandte für das Tierleid zu sensibilisieren.


Tipp 1: Diskussionen über Tierleid am Tisch vermeiden.

Viele Menschen reagieren empfindlich auf Kritik an ihrem Essverhalten. Werden sie mit der Dissonanz zwischen ihren Werten und ihrem Verhalten konfrontiert, reagieren sie oft abwehrend und aggressiv. Dies ist eine Schutzreaktion aufgrund der Prägung über ihr gesamtes Leben. Daher sind Streit und Frust am Tisch vorprogrammiert.


Tipp 2: Verstehen, warum tierliche* Gerichte für die meisten "normal" sind.

Kennst du den Begriff und die Theorie des Karnismus von Melanie Joy? “Der Karnismus ist ein Glaubenssystem, das Menschen dazu bringt, bestimmte Tiere zu lieben und andere Tiere zu essen, obwohl dies im Widerspruch zu ihren ethischen Grundwerten steht. Der Karnismus prägt jeden in unserer Gesellschaft von Geburt an – ist die Norm, die Normalität, die dominierende Ideologie.” Wenn du nicht schon immer vegan warst, erinnere dich an die Zeit davor, um die Perspektive deiner Freunde und Verwandten einzunehmen. Wie hast du dich verhalten, gedacht und gefühlt, bevor du vegan wurdest? Verstehen bedeutet dabei nicht, einverstanden zu sein mit dem Verhalten deines Gegenüber. Die individuelle Ernährungsweise und was auch immer dahinter steht, ist eine Facette dieses Menschen – neben ganz vielen anderen, die dir wahrscheinlich viel bedeuten.


Tipp 3: Hole deine Freunde und Verwandten möglichst vor Festen empathisch ab.

Eine Einladung zu einem Fest bietet sich an ins Gespräch zu gehen. Bleibe dabei immer bei dir und versuche dein Gegenüber nicht zu verurteilen oder anzuklagen. Fakten parat zu haben und bei Bedarf zu vermitteln ist wichtig, gleichzeitig führt es meist nicht zu einer Verhaltensänderung. Die meisten interpretieren dies eher als Versuch, ihnen ihre Welt zu diktieren. Es bedarf einer Offenheit beim Anderen und diese erreichst du auf der Gefühlsebene –  über empathische, respektvolle Kommunikation auf Augenhöhe. Damit dein Gegenüber bereit ist deine Perspektive zu sehen, frage zuerst nach ihrer/seiner. Was bedeutet das Fest und die Gerichte für sie/ihn? Du wirst wahrscheinliche viele Bedürfnisse raushören, die auch deine sind. Bewerte nichts von dem Gehörten und versuche zu verstehen, was deinem Gegenüber wichtig ist. Frage anschließend, ob es ok ist, wenn du deine Sicht schilderst. Wenn sie damit einverstanden sind, geb per “Ich-Botschaften” Einblick in deine vegane Weltsicht und dein Dilemma. Vielleicht, dass ein Essen mit Tierleid bei dir zu Trauer und Frustration führt und du gleichzeitig so gerne in Gemeinschaft mit deinen Freunden und Verwandten sein möchtest. Geh noch einen Schritt weiter und frag, was von dem von dir gesagten verstanden wurde. Vielleicht braucht es noch eine weitere Erläuterung, bis du dir sicher sein kannst, dass alles bei dem anderen so angekommen ist, wie du es gemeint hast. Nun könnt ihr gemeinsam überlegen, welche Lösungen es gibt, damit das Zusammenkommen, zusammen essen, für alle ein schönes Ereignis wird.


Tipp 4: Sei auch empathisch zu dir selbst.

Klage dich nicht selber an, wenn du es nicht schaffst, Verständnis bei deinen Freunden und Verwandten zu erreichen oder das Fest rein vegan zu gestalten. Eine einfacher Leitsatz dazu ist “Ich bin ok, du bist ok” oder auch "deine Bedürfnisse sind genauso wichtig wie meine Bedürfnisse". Gerade bei Festen und Feiern wollen meist die gleichen Bedürfnisse erfüllt werden, jedoch mit unterschiedlichen zum teil konträren Strategien. Sich auf Traditionen zu berufen, ist für viele eine einfache Lösung Stress und Verantwortung abzugeben, denn "so war es ja schon immer". Das nähere Umfeld stellt die größte Herausforderung für VeganerInnen dar, da einem diese Menschen sehr am Herzen liegen und es einem noch schwerer fällt, mit ihrem "karnistischen" Verhalten umzugehen.


Tipp 5: Finde Verbündete.

Wer im Verwandten- und Freundeskreis ist auch vegan oder ist offen für vegane Werte? Diese Menschen können dich dabei unterstützen, ein rein veganes Fest zu erreichen. Du bist dann nicht mehr ganz allein und ihr könnt gemeinsam mehr erreichen.


Tipp 6: Biete Alternativen an.

Lade selber ein oder biete an, zusammen vegan zu kochen. Das ist für nicht-VeganerInnen eine gute Gelegenheit, um zu erleben, wie einfach und vielfältig die vegane Küche sein kann. Oder schlag vor, zumindest einen der Festtage vegan zu gestalten und nehm dann nur an diesem Termin teil.

Zum Beispiel für Ostern:

  • Gründonnerstag –  der Name ist Programm.

  • Karfreitag – ein NoFish Gericht.

  • Ostersamstag – backt ein veganes Osterlamm.

  • Ostersonntag – veganer Osterbrunch ohne Eier und Eierspeisen.

  • Ostermontag – sucht die veganen Ostereier und Pralinen und trinkt einen veganen Eierlikör dazu. (siehe Fotos oben)


* wir verwenden, wie auch die meisten Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen, das Wort "tierlich" anstelle "tierisch", da es das Tier nicht abwertet. Oftmals hat das Adjektiv, das auf »isch« endet, eine negativere Bedeutung als jenes, welches auf »lich« endet, z.B. "kindlich" und "kindisch".

 
Traditionen zu "modernisieren", um Tierleid zu vermeiden und den Klimawandel zu beeinflussen, scheint für die Mehrheit der Gesellschaft aktuell kein Thema zu sein. Auch weil Traditionen und traditionelle Gerichte Wochen im Voraus und in Dauerberieselung von den Medien und der Werbung bestärkt werden. Gleichzeitig bieten traditionelle Feste die Chance zu Veränderungen. Und selbst wenn das eine Fest diesmal nicht rein vegan gestaltet wird, vielleicht wird es das nächste. Und das Gespräch über die unterschiedlichen Ansichten ist vielleicht der erste oder entscheidende Impuls für andere, sich mehr mit dem Veganismus zu beschäftigen.
 


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