Ich wollt ich wär ...
- Andrea Hinz
- vor 6 Tagen
- 4 Min. Lesezeit
…keine Legemaschine!
Ostern steht vor der Tür und damit die Tradition, Eier zu färben und zu verschenken, oder damit zu backen oder zu kochen. Zeit auf die Eierindustrie zu schauen, die mit großem Tierleid verbunden ist – egal ob konventionelle Haltung oder Biohaltung.

Hoher Bedarf an Eiern zu Ostern
An Ostern werden rund 20 Prozent mehr Eier, als zu anderen Zeiten gekauft. Und warum? Weil an alten, oft überkommenen, Traditionen festgehalten wird. In diesem Fall kommt sie aus dem Mittelalter (500 bis 1.500 nach Christus)!
Die mittelalterlichen Fastenregeln erlaubten keine Eier in der Zeit von Aschermittwoch bis Karfreitag. So sammelten sich viele Eier an, die gekocht haltbar gemacht und rot eingefärbt wurden, damit man die "alten" Eier nach der Fastenzeit nicht mit den frischen verwechseln konnte. An und ab Ostern wurden die vielen Eier gegessen oder verschenkt.
Im Mittelalter waren Eier ein wichtiges Grundnahrungsmittel, heute können wir aus einer Fülle hochwertiger, proteinreicher, pflanzlicher Nahrungsmittel wählen.
Im Mittelalter wurden Eier an Gründonnerstag als "Zinsei" von den Bauern an die Gutsherren gezahlt, heute zahlen wir Steuergelder an den Staat.
Seit dem 10. Jahrhundert war es unter den koptischen Christen Brauch, sich zum Osterfest gegenseitig Eier zu schenken als Zeichen der Auferstehung, heute werden teure Konsumartikel verschenkt.
Braucht es also wirklich noch diese Tradition, die mit so viel Tierleid verbunden ist? Schmeckt ein selbst gefärbtes Osterei von einer geschundenen Kreatur – egal ob konventionelle Haltung oder Bio-Haltung? Und für alle, die bequem bereits gekochte und gefärbte Eier kaufen – diese könnten auch aus Käfighaltung aus dem Ausland sein. Nach Information der Verbraucherzentrale unterliegen diese nicht der strengen Kennzeichnungspflicht, die EU-weit mit Hinweisen zur Herkunft, Haltung und Frische für rohe Eier gilt. Ansonsten gilt: Nur der gestempelte Zifferncode (zum Beispiel 0-DE-0500081) auf der Schale verrät die Haltungsform: "0" = Ökologisch, "1" = Freiland, "2" = Boden, "3" = Käfig. Die zweite Stelle gibt das Herkunftsland an – so steht zum Beispiel "DE" für Deutschland oder "NL" für die Niederlande.
Deutschland will mehr Eier
Laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft BMEL decken deutsche Erzeuger rund 73 Prozent der hiesigen Nachfrage nach Eiern ab. Der Rest wird importiert – die wichtigsten Lieferländer sind die Niederlande, Polen und Dänemark. Der Pro-Kopf-Verbrauch von Eiern stieg 2024 auf 249 Eier und erreichte damit einen neuen Höchststand. Das Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BZL) führt "als mögliche Gründe für den erhöhten Bedarf sparsames Verbraucherverhalten an. So kann das Ei im Zuge der Inflation als günstiges Nahrungsmittel gedient haben. Ein weiterer Grund könnte die Ausbreitung der flexitarischen Ernährungsweise sein – weniger Fleisch, dafür mehr Eier. "
51,4 Millionen Legehennen wurden 2024 in Deutschland gehalten, zwei Prozent mehr als 2023.
Diese legten 16,3 Milliarden Eier (15,2 Milliarden Konsumeier und 1,1 Milliarden Bruteier), also jede Henne im ø 315 Eier.

Reduziert auf ein Produktionsmittel
Ob Käfig-, Boden-, Freiland- oder Biohaltung – die Hennen in der Eierindustrie werden als Produktionsmittel, als Legemaschine, betrachtet, nicht als fühlende Wesen, die ein Recht auf ein artgerechtes Leben haben. Durch Qualzucht legt die heutige "Legerasse" (Legehybriden) an die 300 Eier im Jahr. Mehr als das 10-fache des Bankivahuhns, von dem sie abstammt.
Für die Tiere führt das zu schweren gesundheitlichen Problemen: am Ende der etwa einjährigen Legeperiode ist das Legeorgan stark entzündet, die Tiere sind abgemagert und haben meist kein Federkleid mehr. Zudem haben laut einer Analyse der Universität Bern, “97 Prozent aller Legehennen ein gebrochenes Brustbein. Das für die Eierschale nötige Kalzium bezieht das Huhn aus den eigenen Knochen, […] die deshalb porös werden.”
Wenn die sogenannte "Legeleistung" nach 1 bis 1,5 Jahren nachgelassen hat, sind Legehennen kein “funktionierendes Produktionsmittel” mehr, werden unrentabel für die Betriebe und als “Abfall der Eierindustrie” geschlachtet, um als Suppenhuhn verkauft oder zu Brühwürfeln oder Tierfutter verarbeitet zu werden. Hühner können an sich über 10 Jahre alt werden. Aufgrund der Überzüchtung ist jedoch die Lebenserwartung der Legehybriden aus der Massentierhaltung viel geringer und die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei 3 bis 5 Jahren.
Kaltes Gestänge anstelle Scharren und Staubbaden
Die Bedürfnisse der heutigen „Legehennen“ haben sich nicht geändert. Sie leben am liebsten mit einer klaren Sozialstruktur in kleinen Gruppen von 5 bis 20 Hühnern und einem Hahn. Sie möchten scharren und staubbaden, um ihr Gefieder zu reinigen, und auch mal in der Sonne liegen. Gruppengrößen von mehreren tausend Tieren (alleine 58,7 Prozent der Legehennen in Deutschland lebten 2024 in Bodenhaltung) überfordern die Hühner. Die Sterblichkeit ist aufgrund von Stress, Enge, Federpicken, Kannibalismus, Krankheiten und unnatürlich hoher Eierproduktion enorm hoch: 10 % der Hennen sterben in den Ställen. Quelle: Animal Rights Watch e.V. (ARIWA)
Nur 13,7 Prozent aller Hennen wurden 2024 in ökologischen Betrieben gehalten (BZL) – hier sind immer noch bis zu 3.000 Hennen auf einer Fläche erlaubt, pro Quadratmeter Stallfläche sechs Hennen – folgende drei Bilder von Animals Rights Watch e.V. (ARIWA) sind aus einem Bio-Legehennenbetrieb in Brandenburg, 2023.
Ei-Alternativen
Eier sind nicht erforderlich, um unseren Proteinbedarf zu decken, denn viele pflanzliche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide, Nüsse und Samen führen unserem Organismus ausreichende Proteinmengen zu. Diese veganen Proteinlieferanten liefern uns aber auch andere gesundheitsförderliche Nährstoffe, darunter Antioxidantien, Vitamine und Ballaststoffe. Eier dagegen enthalten neben Proteinen vor allem Fett – darunter gesundheitsschädliche gesättigte Fettsäuren und Cholesterin. Quelle: PeTA
Und es gibt genug pflanzliche Ei-Alternativen (u.a. Aquafaba, Lupinen-, Kichererbsen-, Mais- oder Sojamehl), mit denen hervorragende (Oster-)Kuchen und andere Gerichte gelingen.
Ostern sollte nicht nur ein Fest der Freude und des Schenkens sein, sondern auch eine Gelegenheit, über Konsumgewohnheiten nachzudenken. Keine oder weniger Eier zu kaufen, setzt ein Zeichen gegen die Ausbeutung von Legehennen. Verschenke doch lieber zu Ostern eine Tierpatenschaft für eine auf dem Lebenshof Federherz (westlich von Köln) wohnende gerettete Legehenne. Oder das Buch Eutopia von der Dortmunder Fotografin Gordana Bursac, dessen Erlöse u.a. Federherz zugutekommen.

Quellen und weitere Informationen: